Die "Eine-Waren-Welt"
Um meine Einstellung zur "Eine-Waren-Welt" zu erklären, muss zuerst gesagt werden, dass ich nicht der Meinung bin, das durch dieses Phänomen lokale Produkte komplett aussterben werden. Ein Beispiel aus der Gastronomie: Die Tatsache, dass es in Österreich an jeder Ecke einen McDonalds gibt, hat traditionelle österreichische Wirtshäuser nicht aussterben lassen. Und sollte es eines Tages so kommen, dass auf der ganzen Welt Schweinsbraten und Kaiserschmarrn gegessen wird, wären sie ja trotzdem noch Teil der österreichischen Kultur.
Ich bin der "Ein-Waren-Welt" gegenüber positiv eingestellt, da sie für mich vor allem eine Vereinfachung der internationalen Kommunikation bedeutet. Es wird leichter mit Menschen aus anderen Ländern zu reden/wohnen/arbeiten wenn sie die gleiche Kleidung tragen, das gleiche Essen kennen und die gleichen Serien schauen und dadurch auch ein ähnliches Weltbild haben wie man selbst. Als ich im Sommer 2014 einen einmonatigen Sprachkurs in London gemacht habe, fiel es mir nicht schwer Kontakte mit dortigen Mitschülern zu knüpfen. Wir hatten viele gemeinsame Interessen und so entwickelten sich in dieser kurzen Zeit Freundschaften, die heute noch bestehen. Das ist eine tolle Sache.
Gleichzeitig wird natürlich das Reisen auch "weniger interessant", da sich die fremden Länder, die früher zu bereisen einem Abenteuer glich, kaum mehr von der Heimat unterscheiden. Ich muss nicht nach China um chinesisches Essen zu essen, nicht in die USA um ein amerikanisches Theaterstück zu sehen und nicht nach Brasilien um Samba tanzen zu lernen. Ich sehe darin aber kein großen Problem. Reisen kann ich ja trotzdem, um die verschiedenen Orte zu sehen, ihre Sehenswürdigkeiten und landschaftliche Besonderheiten. Und wenn ich darauf bestehe, hält mich auch nichts davon ab eine Region zu besuchen, um den Herkunftsort eines bestimmten Brauches oder einer Tradition kennen zu lernen.
persönliche Erfahrungen mit globalisierter Kultur
Ich genieße die große Vielfalt, die durch globalisierte Kultur besteht. Man kann viel mehr Dinge erleben und seinen Horizont erweitern, auch wenn man sich keine teure Reise ans andere Ende der Welt leisten kann.
Als Halbbrasilianerin lebe ich seit nun fast 18 Jahren zwischen zwei Kulturen und ich finde es toll, dass ich die brasilianische auch hier in Österreich finden kann. Ich kann einen muttersprachlichen Portugiesischkurs besuchen und im Oktober fand in Wien sogar das brasilianische Kulturfestival statt!
Ansonsten begleitet mich globalisierte Kultur auf Schritt und Tritt. Wien ist eine multikulturelle Stadt und das spiegelt sich in den Leuten, den Geschäften, der Kleidung und der Musik wieder. Kürzlich gab es im Stephansdom ein Konzert mit elektronischer Musik. Ich finde solche Mischungen einfach toll! In Simmering gibt es viele Geschäfte, die von Einwanderern geleitet werden und teilweise auch für ihr Herkunftsland typische Produkte verkaufen.
Besonders stark mit globalisierter Kultur in Berührung gekommen, bin ich bei meinem einmonatigen Sprachkurs in London. Nie zuvor hatte ich in so kurzer Zeit so viele Menschen aus so vielen Kulturen kennengelernt.
Angst um lokale Traditionen?
Ich kann Menschen, die den Verlust der lokalen Traditionen fürchten nicht verstehen. Was soll das überhaupt sein, "lokale Tradition"? Kann ein Land überhaupt eine Tradition haben? Sind es nicht Menschen, die Traditionen haben? Und hat nicht jeden Mensch andere?
Wenn dem so ist, dann verändert sich die österreichische Kultur ganz automatisch, weil die Kultur der Menschen die es bewohnen verändert. Einem einzelnen Individuum kann man seine Kultur aber nicht nehmen und es kann daher auch keine Furcht davor haben, sie zu verlieren. Das Problem ist, dass diese Menschen gar keine Angst davor haben, dass sie selbst ihre Traditionen verlieren, sondern, dass in zukünftigen Generationen keine Menschen mehr nachkommen, die die selben Traditionen weiterleben lassen. Es gibt Menschen, die anderen Leuten das, was ihnen persönlich wichtig ist, aufdrängen wollen. Das kann nicht funktionieren.
Ich tue mir sehr schwer damit zu sagen, was die österreichische Kultur überhaupt sein soll. Die meisten Bräuche wurden irgendwann von irgendwo eingeschleppt. Veränderung hat unsere Kultur zu dem gemacht, was sie heute ist und nun soll Veränderung plötzlich schlecht sein?
In Österreich gibt es verschiedenste Feste und Veranstaltungen zu denen österreichische Traditionen präsentiert werde. Im Winter gibt es Christkindlmärkte, im Herbst das Oktoberfest und das ganze Jahr über Veranstaltungen zur Unterstützung heimischer Gastronomiebetriebe. Das und gut so! Denn Österreich hat viel zu bieten und sollte auch stolz darauf sein. Aber das alles wird durch das hinzukommen fremder Einflüsse nicht überdeckt, sondern ergänzt. Und sollte doch die eine oder andere Tradition verschwinden, dann weil sie den Österreichern nicht so wichtig war und nicht weil wir durch Hollywoodfilme dazu gezwungen wurden.
Wozu brauchen wir überhaupt eine "österreichische Identität"? Sind wir nicht genauso Menschen, wie die Bewohner von Indien, Brasilien, oder der USA? Was macht uns glauben, dass wir so unterschiedlich sind, dass wir diese Unterschiede unbedingt zur Schau stellen müssen?
Es gibt Unterschiede in den Kulturen von Österreich, Indien, Brasilien und den USA. Selbstverständlich gibt es die. Aber wenn diese Unterschiede im Laufe der Jahre kleiner werden, dann finde ich das nur gut. Ich finde es gut, wenn sich diese Länder näher kommen. Ich finde es gut, wenn sich ihre Bewohner besser verstehen. Ich finde es gut, wenn Vorurteile und die Angst vor dem Fremden dadurch verschwinden.
Übernationale Organisationen, wie die EU, sind meiner Meinung nach auch im Aspekt unseres Umgangs mit fremden Kulturen eine gute Sache. Durch Grundsätze, wie dem freien Personen-, Waren-, Dienstleistungen- und Kapitalverkehr sind sich die Europäer sicher um einiges näher gekommen. Als nächsten Schritt eine Annäherung der ganzen Welt, wenn ich bitten darf!
hybride Kulturen
Ich finde hybride Kulturen sind heutzutage ein Fakt. Sie entstehen weil Kulturen sich vermischen, aber noch nicht so gut vermischt sind, dass die Unterschiede nicht erkennbar sind. Österreich beheimatet Menschen aus vielen verschiedenen Kulturen und sie alle bringen ein Stückchen ihrer Bräuche und Werte hierher mit.
Es ist heutzutage viel leichter zu reisen, als noch vor 50 Jahren und viele Menschen nützen diese Möglichkeit auch. Dadurch kommt es immer öfters zu Ehen zwischen den Einwohnern zwei Länder mit teilweise sehr unterschiedichen Kulturen. Die aus solchen Ehen resultierenden Kinder stehen dann zwischen den Kulturen, sind also "hybride kulturelle Wesen". Der Zahl der Leute, die sich zwei Kulturen beziehungsweise Ländern zugehörig fühlen steigt. Aus diesem Grund kritisiere ich die österreichische Politik, die volljährigen Personen Doppelstaatsbürgerschaften verwehrt. Wir leben in einer vernetzten Welt und auch ihre Bewohner sind international vernetzt. Von ihnen zu verlangen sich für eine Zugehörigkeit zu entscheiden ist zum einen für die meisten nicht möglich, zum anderen sehe ich für Österreich daran keinen Nutzen.
Ich selbst bin eindeutig ein "hybrid kulturelles Wesen". Meine Mutter ist Brasilianerin und mein Vater ist in Österreich geboren. Ich bin von beiden Ländern stark geprägt. Ich spreche beide Sprachen und kann für einen Österreicher ungewöhnlich schnell reden, wenn ich will. Ich habe dunkle Haare und Augen, liebe den Sommer und verabscheue Kälte. Ich mag und kenne brasilianisches Essen und verfolge gebannt die aktuelle "novela" (Brasilianische Serie, die einige Monate lang abends täglich spielt.) Ein Teil meiner Familie lebt in Brasilien. Aus den eben genannten Gründen, kann ich mich nicht allein für Österreich als meine Heimat entscheiden. Gleichzeitig merke ich aber auch, dass ich von der österreichischen Kultur um einiges stärker geprägt bin, als von der brasilianischen. Ich habe nie in Brasilien gelebt und kenne es nur von Urlaubsreisen, die ich mit meiner Familie früher jährlich, heute nur mehr ca. alle drei Jahre, mache. In Brasilien fühle ich mich oft fremd und ich denke, dass ich oft missverstanden werde, weil mein Verhalten nicht den dortigen Bräuchen entspricht. Still zu sein und einen ernsten Gesichtsausdruck zu haben, wird dort mit schlechter Laune oder schlechten Manieren gleichgesetzt.
Manchmal denke ich über meine hybride Kultur nach und freue mich, dass ich durch sie nicht mit Vorurteilen zu kämpfen habe. In Brasilien läuft bei weitem nicht alles rund: Wir haben eine korrupte Regierung und die Schere zwischen Arm und Reich ist gewaltig. Trotzdem herrscht von Brasilianern in Österreich kein negatives Bild. Schwerer haben es da in meinen Augen Türken, oder, um ein aktuelles Beispiel zu nennen, Syrer.
1. Beurteilungsraster
Beurteilungskriterium
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Abstufungen
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Beantwortung der Fragen
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sehr ausführlich
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ausführlich
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ausreichend
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minimalistisch
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zu wenig
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InhaltlicheAuseinandersetzung mit den Fragen
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sehr ausführlich
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ausführlich
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ausreichend
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minimalistisch
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zu wenig
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PersönlicheAuseinandersetzung mit den Fragen
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sehr ausführlich
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ausführlich
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ausreichend
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minimalistisch
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zu wenig
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2. Persönlicher Kommentar
Als "hybrid kulturelles Wesen" habe ich einen sehr persönlichen Bezug zum Thema globalisierte Kultur. Des Weiteren habe ich mir über die Jahre eine sehr ungewöhnliche und für viele vermutlich auch ein bisschen naiv wirkende Meinung zu dem Thema gebildet. Vielleicht ist sie das auch, ein wenig naiv.
Ich bin auf alle Fragen eingegangen, habe sie aber teilweise nur wenig dazu gesagt. Bei Fragen zu denen ich persönlich einiges zu sagen hatte, habe ich das meiner Meinung nach wieder ausgeglichen.
Liebe Gabi,
AntwortenLöschenIch muss dir leider widersprechen: Ich finde überhaupt nicht, dass du wenig zu einigen Aspekten gesagt hast! Du hast sogar sehr viel und sehr in die Tiefe gehend geschrieben, kurz und gut, deine Auseinandersetzung mit dem Thema ist wirklich sehr interessant zu lesen! Du hast einen sehr scharfen und kritischen Blick auf das Thema gewählt, Naivität konnte ich nicht wirklich ausmachen! Vor allem der Teil zum Thema Traditionen und Identität spricht sehr dafür, dass du schon absolut bereit bist, endlich die Schule zu verlassen und dich bei einem Studium deiner Wahl in Themen zu vertiefen, die für dich interessant sind! Denke weiterhin so kritisch in deiner hybriden Art! Toll gemacht!